Merci Ferré!*

Jeder von uns schuldet Ferré etwas. Wir schulden ihm, der die Einsamkeit besungen hat, daß wir diese Einsamkeit an einem Abend jugendlicher Verzweiflung in einer Provinzstadt durchbrochen haben; wir schulden ihm, daß ein Hauch lebendiger Auflehnung durch die Schlafstube der Kaserne zog oder einst durch den Djebel (die Bergkette; Anm. der Übersetzerin) Algeriens. Er hat das Schweigen der Konformisten durchbrochen, im Radio oder in der Teppaz** Er hat allen, die sich in ihm wiederzuerkennen glaubten, einen Streifzug Hoffnung am Horizont gezeigt; einen Streifen, den er selbst geschaffen hat.

Wir verdanken ihm Aragon, Baudelaire, Rimbaud und den bedauernswerten Rutebeuf, dessen Gesicht wir bis heute nicht kennen — sicher mehr als allen Lehrern in der Schule. Wir verdanken ihm L'Affiche Rouge, den anderen Aragon. Er hat uns den Musette-Walzer gegeben, die Fröhlichkeit, den Tango, als die Linke nichts galt. Er hat den Mund aufgemacht und kein Blatt vor den Mund genommen, als das Fernsehen schwarz-weiß und die Stimme seines Herrn war und der Herr de Gaulle hieß. Wir verdanken ihm die Anarchie, die schöne, wahre, und nicht die, die, eine Bombe in der Hand und den Terrorismus auf den Lippen, Bakunin oder Stirner nicht richtig gelesen hatte. Und noch weniger den Anarchismus der Rechten, dieses faszinierende Öbszöne, von dem unser Freund Pascal Ory gesprochen hatte. Die Anarchie, die wahre, seine, ist eine mythische Haltung.

Merci Ferré.

Georges-Marc Benamou

* Ein Dankeschön des Chefredakteurs der Pariser Zeitschrift Globe Hebdo (N° 24, 21. – 27.07.1993, Seite 2) an Léo Ferrè, der am 14. Juli — dem französischen Nationalfeiertag — 1993 gestorben ist.

** Anm. der Übersetzerin Anne Maier: Teppaz = Jukebox; das ist ein in den sechziger Jahren in Frankreich bekannter Markenname für eine Musikbox, ähnlich unserer deutsch-österreichisch-schweizerisch-et-cetera Wurlitzer. (Woraus unsere österreichischen Freundinnen und Freunde vom ORF ein komplettes sogenanntes Erwachsenen- und Kinder-Fern-(Zu-)Seher-Programm gemacht haben; Anm. der Red.)


Laubacher Feuilleton 7.1993, S. 15

je suis un chien stammt von jolimatin

 
Mi, 25.03.2009 |  link | (1097) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Musikalisches






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