Eurogrenzer

Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, die europäische Grenze zu bewachen. Wenn ich die Schweine erwische, die unsere Küstenwachboote lahmlegen! Zucker in den Tank! Da verreckt ja jeder Motor. Zucker! Denen werde ich so lange Zucker in den Arsch blasen, bis er ihnen zu den Schweineohren wieder rauskommt. Terroristen. Saboteure. Euch leg' ich das Handwerk!

Wie schaffen die das nur? Die Küstenwachboote liegen einen Kilometer von der Küste entfernt. Da muß einer Lungen haben, die sich denen wie Pariser.

Puh, ist das heiß hier. Verdammte Hitze.

Es bewegt sich, unser kleines Muränchen. Unser bestes Schiff. Macht 30 Knoten. Scheint alles in Ordnung zu sein.

Früher stand ich auf Grenzbeobachtungsposten an der Oder. Tja, das waren noch Zeiten. Da hatten wir feinste Techniken, um die Migranten fernzuhalten. Infrarotnachtsichtgeräte. Elektronische Bewegungsmelder. Skatkarten. Und eine Hundestaffel — wwwwouw!

Und hier? An der spanischen Südküste? Was hab ich hier? Ein Fernglas und einen Esel. Ich, der Eurogrenzwächter Pierre Schimanski verfolge auf einem Esel eine Gruppe junger, schneller Menschen. Menschen? Ach, was sage ich?! Terroristen! Und bei jedem Olé-Ruf wirft dieser Bock mich ab.

Ich glaube, die Behörden hier unten, diese Kanakken, verscheißern mich. Dabei beschütze ich doch nur die freiheitliche europäische Grundordnung.

Verdammt heiß.

Ja, die Oder. Ein schöner langer, ruhiger Fluß. Da konnte man noch entlanggehen. Und hier? Lauter Buchten, Felsen, hinter denen sich dieses Gesocks versteckt. Höhlen, die tief ins Land reingehen. Das kann man doch nicht alles abgehen, bei diesem Riesenküstenabschnitt, den ich zu bewachen habe. Also erleichtert man sich die Arbeit ein wenig.

Eine schöne Sache, so eine Dynamitstange. In jede Bucht ein paar von diesen Dingern, und schon tauchen die Burschen auf.

Ich meine, ich hab's erst einmal gemacht. Die Badegäste waren ganz schön sauer. Aber woher sollte ich auch wissen, daß da welche baden ...

Oho, was ehe ich denn da? Ein Neuankömmling? Zwei Hosen. Vassili Mossiadis Kyriakykladis, verheiratet mit Tadoh Weah. Und der andere? Jan van Mechelen. Van! Ehefrau Fatumata Obasanjo. Dieser Zuckerbäcker. Das sind die, die unseren Küstenwachbooten Zucker in die Tanks blasen. Die wollen ihre Sippe aus Afrika rüberholen. Euch Brüdern werde ich das Handwerk legen.

Auf, Schimanski, auf den Esel.

Jürgen Mumm

Notiert im April 1993 im Basler Isaak-Theater; aus dem Programm Friedenstruppen von Cabaret + Mumm (Jürgen Mumm und Jürgen Beißwenger)

Laubacher Feuilleton 10.1994, S. 16

 
So, 13.09.2009 |  link | (1850) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Theatralisches






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