«Gestank im Ohr»

Es ist bei völlig leerem Lokal nicht ganz falsch, irgendeine Geräuschkulisse zu haben. Ob es Musik sein muß? Früher, als die meisten Restaurants noch das Buffet im Gastraum hatten, kamen von dort Arbeitsgeräusche, und es war nie so friedhofstill, wie man es nun manchmal erleben kann. Eine seltsame Entwicklung, die es notwendig macht, die Beklemmung in einem wenig frequentierten Lokal aufzulockern. Aber es scheint der falsche Weg, denn der Gast darf doch sicherlich auch hören, wie für ihn gekocht und gearbeitet wird. Es wird also gekocht, gezapft, die Korken fliegen, aber es muß nicht noch musiziert werden. Wenn nicht live, warum dann Musikkonserve, es sei denn, die ganze Kocherei entsteigt der Dose. Zugegeben, es gibt Menschen, die benötigen immer einen gewissen «Gestank im Ohr» (Ambrose Bierce), und es sind selten die wahren Musikliebhaber. Es stellt sich die Frage, hat man tatsächlich ein solch dudelverseuchtes Publikum, daß sogar bei vollbesetztem Lokal zum ganzen Lärminferno noch eins drauf muß? Ich meine nein. Für den Liebhaber der Musik hat man sowieso die falsche CD eingelegt. Geschäftsleute, die vertrauliche Gespräche führen und bei enggestellten Tischen Lauschangriffe befürchten, sind womöglich im falschen Lokal, und als Wirt muß man nicht alle Bedürfnisse abdecken und auch nicht jeden Umsatz mitnehmen wollen. Ein kleines Lokal hat seine Stärken, die ein großes nie erfüllen kann, und umgekehrt. Könnte man nicht als Wirt, auch wenn der Laden mal leer sein sollte, die Leute in Ruhe lassen oder sie sogar mit den Ohren darauf stoßen, daß Stille ein ganz seltener Luxus geworden ist? Sie ist sogar so selten geworden, daß man sich als Wirt überlegen sollte, ob bei leerem und stillem Lokal die Preise nicht anzuheben wären.

Der Autor ist uns leider abhanden gekommen.

Laubacher Feuilleton 7.1993
 
Do, 19.03.2009 |  link | (1707) | 0 K | Ihr Kommentar | abgelegt: Gastrosophisches






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